nextMedia: Wo siehst du denn die Möglichkeit, in diesen Bereichen positive Impulse zu setzen?
Björn: Es ist schon mal gut, wenn öffentliche Einrichtungen auch die alternativen Plattformen mitdenken, erwähnen oder fördern. Das ist der erste Schritt und das passiert auch schon – das freut mich total. Was jetzt folgen müsste, sind Ansätze dafür, die diese Exploration vorantreiben. Die Exploration mit Blick auf die Frage „Wie kann Werbung aussehen?“ Wie können sich Creator*innen refinanzieren, und wie sehen eigentlich Geschäftsmodelle für den Betrieb von Servern, Netzwerkknoten aus? Wobei ich auch noch einmal sagen will: Nach meiner Überzeugung ist eine resiliente Infrastruktur für Information und Debatte kein Thema, das sich allein nach Marktkriterien regeln lässt. Ich denke, ein Staat muss dafür sorgen, dass es ein unabhängiges, demokratisches Gespräch im digitalen Raum geben kann, was nicht algorithmisch verzerrt wird. Also: Nicht alles wird sich über Monetarisierung und Geschäftsmodelle regeln lassen.
nextMedia: Du meinst, dass Städte und Kommunen einen Raum zur algorithmisch unverzerrten Kommunikation anbieten?
Björn: Ich sehe sie eher als einen Akteur auf offenen Plattformen, die nicht vom Staat, sondern unabhängig betrieben werden müssen. Unser Ziel muss sein, Menschen zum Wechsel zu bewegen. Und wann sind Menschen wechselwillig? Wenn ihre User Needs erfüllt werden! Ich glaube, dass da auch eine Antwort liegt. Nehmen wir Informationen über kommunale Dienstleistungen wie Schulausfälle, Müllabfuhr oder die Öffnungszeiten von Schwimmbädern oder Bücherhallen – sind das Informationen, die nur auf kommerziellen Plattformen zur Verfügung stehen sollen? Wir fordern eine Verpflichtung, dass mit öffentlichem Geld finanzierte Inhalte auch auf offenen Plattformen zur Verfügung stehen müssen. Damit die Nutzenden Menschen denken: „Ja, eigentlich muss ich da jetzt sein, weil ich bestimmte Infos nur da kriege“. Am Ende kann es nur eine Veränderung geben, wenn Menschen das wollen. Es wird nicht allein reichen zu sagen: „Das ist besser für dich“.
nextMedia: Du bist im Austausch mit anderen Menschen, die sich für dezentrale Plattformen engagieren. Wie vernetzt ihr euch? Und gibt es eine Art Lobbyarbeit?
Björn: Es ist beides: Lobbyarbeit und Vernetzung von Akteur*innen. All das haben wir mit der Initiative Save Social sehr gut hinbekommen. Da bin ich selbst überrascht gewesen; auch wie toll wir Verbindungen in Richtung Kultur, Musik, Wirtschaft, Stiftungen, Politik und Gewerkschaften geknüft haben. Am Ende müssen wir Banden bilden. Unser Ziel ist es, dass offene Plattform auch im Koalitionsvertrag stehen und dass die Überprüfung der Privilegien für Big Tech auch im Koalitionsvertrag steht. Ob uns das gelingt, werden wir sehen (Nachtrag: Es ist gelungen).
nextMedia: Zum Abschluss: Bereitet dir KI in diesem Zusammenhang eher Sorgen und siehst du neue Potenziale für offene Plattformen?
Björn: Aus meiner Sicht können wir aus der Diskussion über Medien und Plattformen viel für die Diskussion über KI lernen. Technologie kann uns helfen, uns Arbeit abnehmen und von wiederkehrender Arbeit entlasten. Das gilt auch für KI. Aber wir müssen KI so bauen, dass es keinen Zielkonflikt mit den Zielen und Werten unserer Gesellschaft gibt. Wir müssen aus meiner Sicht selbstbewusst darüber nachdenken, wie wir nicht nur konsumieren und die Dienste irgendwie notdürftig anpassen können, sondern wie wir selbst die Technologie für uns als Gesellschaft gestalten und nutzen können. Ich bin ein großer Freund von technologischer Innovation. I love it. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass all das wertebasiert passieren muss. Auch eine KI muss am Ende unsere Demokratie, unsere Gesellschaft stärken und unser Leben besser machen. Sie wird das aber nicht sein, wenn sie vor allem entwickelt wird, um die Gewinne zu maximieren.
nextMedia: Danke für das Gespräch!