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atmo-Gründer*innen im Gespräch

Nach über 30 Jahren wurde das Greenpeace Magazin eingestellt. Die Redaktion macht weiter und gründet einen Nachfolger – atmo. Ein Gespräch mit Frauke Ladleif und Katja Morgenthaler.

 nextMedia.Hamburg

Nach über 30 Jahren wurde das Greenpeace Magazin eingestellt. Die Redaktion macht weiter und gründet einen Nachfolger – atmo.
Wir sprachen mit Frauke Ladleif und Katja Morgenthaler über das neue Magazin, ihre Pläne und den Schritt in die Selbstständigkeit.

nextMedia: Hallo Frauke, hallo Katja! Ihr arbeitet derzeit mit euren Kolleg*innen an der Etablierung eures eigenen Magazins mit dem Namen atmo. Wie kam es dazu?

atmo: Wir haben als Team über viele Jahre hinweg das Greenpeace Magazin mit viel Leidenschaft und Expertise aufgebaut – konzeptionell, inhaltlich und auch gestalterisch, als unabhängige Quelle für die Themen Umwelt-, Klima- und Naturschutz. Im vergangenen Jahr wurden wir darüber informiert, dass das Magazin eingestellt wird. Für uns war das ein Schock. Doch nicht jetzt, da die Klimakrise und das Artensterben eskalieren, dachten wir. Und auch nicht angesichts von 50.000 Abonnent*innen. Noch am gleichen Tag haben wir als Redaktion entschieden weiterzumachen. Und so ist atmo entstanden.

nextMedia: Es gibt zig Gründe, die dafür und dagegen sprechen diesen Weg zu gehen. Was beflügelt euch?

atmo: Zum einen unsere Überzeugung, dass es angesichts der ökologischen Krisen und der Verbreitung von Fake-News einen unabhängigen und fundierten Umweltjournalismus braucht. Zum anderen motiviert uns die große Unterstützung und der Zuspruch, den wir aus der Leserschaft des Greenpeace Magazins und darüber hinaus derzeit erfahren. Wir haben das Gefühl, genau jetzt genau das Richtige zu tun.

nextMedia: Was möchtet ihr mit atmo anders machen?

atmo: Wir wollen die Leser*innen weiterhin fundiert und abwechslungsreich über die Themen Umwelt, Klima und Gerechtigkeit informieren. Unser Anliegen ist es nach wie vor nicht, die großen Apokalypsen zu zeichnen. Im Gegenteil: Wir möchten Lust auf Zukunft machen. Mehr noch als früher. Wir möchten mit unserem Journalismus Inspirationsquelle und Mutmacher für die Zukunft sein. Erreichen wollen wir das, indem wir die Geschichten des Gelingens erzählen – im Großen wie im Kleinen. Anders ist vielleicht, dass wir uns ganz bewusst als Teil eines Netzwerks von Medienschaffenden, Forschenden und Engagierten verstehen und stärker mit anderen kooperieren wollen. Und wir werden uns Community-orientierter aufstellen.

"Wir wollen (...) eine „atmo Sphäre“ schaffen, also Ausgangspunkt einer Community werden, die Dinge selbst in die Hand nimmt, die sich gegenseitig inspiriert und sich darin bestärkt, die Zukunft mitzugestalten."

Frauke Ladleif und Katja Morgenthaler, atmo

nextMedia: Hat der Name “atmo” für euch in diesem Kontext eine besondere Bedeutung?

atmo: Ja. atmo steht für Atmosphäre – diese hauchdünne Schicht, die unseren Planeten umhüllt. In ihr spielt sich jegliches Wetter ab, in ihr erhitzt sich gerade das Klima auf lebensbedrohliche Weise. Sie ist die Grundlage unserer Existenz und verbindet alle Menschen und alles Leben miteinander. Zum anderen steht atmo für Stimmung. Und auch die hat sich in letzter Zeit immer schneller, immer stärker erhitzt. Lautstarke Akteure hintertreiben effektiven Klimaschutz und diffamieren oder bedrohen gar Menschen, die sich dafür einsetzen. Wir wollen dem entgegentreten und eine „atmo Sphäre“ schaffen, also Ausgangspunkt einer Community werden, die Dinge selbst in die Hand nimmt, die sich gegenseitig inspiriert und sich darin bestärkt, die Zukunft mitzugestalten.

nextMedia: Mit welchen Produkten möchtet ihr die Leserschaft erreichen?

atmo: Unser Kernprodukt ist zunächst das Print-Magazin. Das Heft soll sechs Mal im Jahr erscheinen. Für alle Abonnent*innen soll das Magazin auch digital via App und Website ohne zusätzliche Kosten zur Verfügung stehen. Wir führen viele Gespräche mit Leserinnen und Lesern, um Fragen zu klären sowie Bedürfnisse und Interessen abzuklopfen. Darin wird klar: Das gedruckte Heft bleibt das gewünschte Produkt – nicht nur für Ältere. Wir sehen, dass bei jüngeren Menschen Print wieder beliebter wird. Wir bieten auch ein rein digitales Abonnement zu einem günstigeren Preis an, das aber bislang sehr selten gebucht wird.

nextMedia: Plant ihr denn darüber hinaus weitere digitale Angebote?

atmo: Ja. Wir möchten da sein, wo die Leute uns gerne lesen und das schließt digitale Kanäle unbedingt mit ein. Wir werden themenspezifische Newsletter anbieten – seit Mitte September erscheint etwa unser Newsletter „greening USA“ im Vorfeld der Wahlen. Und unsere Inhalte möchten wir auch über Messenger-Dienste ausspielen.

nextMedia: Wie möchtet ihr junge Menschen für eure Inhalte begeistern?

atmo: Zum einen natürlich über Social Media Formate, an denen wir gerade arbeiten. Darüber hinaus wird es im Magazin zum Beispiel eine Kolumne geben, in der eine jüngere Kollegin meinungsstark aus ihrer Perspektive über Nachhaltigkeit, Umwelt und Klima schreibt. Auch wollen wir die wichtigsten Daten und Fakten eines Artikels am Ende kurz zusammenfassen, um das schnelle Lesen zu ermöglichen. Und da sind wir wieder beim Magazin: Wir sind überzeugt, dass ein ästhetisches und gut recherchiertes Magazin, das einordnet und die wichtigsten Entwicklungen sortiert, auch jüngere Menschen interessiert.

nextMedia: Allerdings wird die Kaufbereitschaft dieser Zielgruppe nicht hoch sein...

atmo: Das stimmt. Vor einem Jahresabo schrecken viele zurück. Daher werden wir perspektivisch weitere Optionen schaffen, uns zu unterstützen – etwa mit einem monatlichen freiwilligen Beitrag wie es beim Guardian oder bei der taz angeboten wird.

"Hamburg verfügt über ein sehr gutes Ökosystem für Medienschaffende. Da erleben wir keine Konkurrenz untereinander. Im Gegenteil: Viele nehmen sich Zeit für uns. Diese Hilfsbereitschaft und Unterstützung beflügelt uns."

Frauke Ladleif und Katja Morgenthaler, atmo

nextMedia: Und schon sind wir beim Business-talk. Ihr seid seit vielen Jahren Redakteurinnen. Nun gründet ihr ein Unternehmen. Wie fühlt sich das an und was verändert sich gerade bei euch?

atmo: Es ist schön, wahnsinnig aufregend und anstrengend zugleich (lachen). Das gesamte Team entwickelt derzeit neue Kompetenzen. Vorher waren wir eine Redaktion. Jetzt sind wir immer noch eine Redaktion, aber zugleich Geschäftsführung, Marketing, Vertrieb, Finanzbuchhaltung, Website-Entwicklung, Produktentwicklung und vieles mehr. Wir haben großen Spaß daran, uns in neue Themen einzuarbeiten und lernen unfassbar viel dazu. Gleichzeitig tun wir uns manchmal schwer damit, Entscheidungen zu treffen, da wir keine Expert*innen sind und uns unsicher fühlen. Das ist normal, aber es ist auch sehr herausfordernd. Das Schöne daran ist, dass wir alles so machen können, wie wir es für richtig halten. Ob wir die richtigen Entscheidungen treffen, wird die Zukunft zeigen. Aber wir ermächtigen uns. Das fühlt sich gut an.

nextMedia: Gerade zu Beginn ist die To Do Liste vermutlich endlos und eigentlich müsste alles gleichzeitig passieren. Gab es Strategien, Tools oder Menschen, die euch zum Start geholfen haben?

atmo: Ja. Es haben sich viele Türen für unser Projekt geöffnet und sie öffnen sich weiterhin. Hamburg verfügt über ein sehr gutes Ökosystem für Medienschaffende. Da erleben wir keine Konkurrenz untereinander. Im Gegenteil: Viele nehmen sich Zeit für uns. Diese Hilfsbereitschaft und Unterstützung beflügelt uns. Im Zuge dessen haben sich bereits erste Kooperationsideen ergeben. Darüber hinaus hat uns euer Medienbaukasten neuemedien.org sehr geholfen – und das sagen wir nicht, weil wir euch gerade ein Interview geben. Gerade zum Start ist es wichtig, schnell ins Machen zu kommen. Durch den Baukasten konnten wir schnell erste Schritte gehen. Er hat uns einen guten Überblick verschafft über das, was zu erledigen ist – und dafür auch Tools an die Hand gegeben. Bei Fragen konnten wir uns zudem direkt an eure Mitinitator*innen von Neue Narrative wenden, die uns immer sofort geholfen haben.

nextMedia: Was ist euer Plan für die nächsten Monate?

atmo: Gerade ist die letzte Ausgabe des Greenpeace Magazins erschienen. An der Ausgabe haben wir noch bis zum Schluss getüftelt. Ab jetzt können wir uns komplett auf atmo konzentrieren. Wir erarbeiten eine Kampagne für den Spätherbst, um unser Medienprojekt bekannter zu machen. Damit atmo an den Start gehen kann, brauchen wir bis Mitte Dezember mindestens 17.000 Abos. Bislang haben 9000 Menschen ein Abonnement bei uns vorbestellt. Die erste atmo-Ausgabe soll dann – wenn wir unser Ziel erreichen – im Frühjahr 2025 erscheinen.

nextMedia: Danke für das Gespräch!

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