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"Alles macht mehr Spaß, wenn es gamifiziert ist."

Vor fünf Jahren gründete er Jung von Matt NERD – die Rede ist von Toan Nguyen. Wir sprachen mit dem Experten für alles zwischen Gaming und Entertainment übers Gründen, Gaming und den Standort Hamburg.

Er hat früh gelernt, wie Subkulturen funktionieren. Er kennt ihre Sprache, Ästhetik und Plattformen und nutzt sein Wissen, um mit seinem Team passgenaue Kampagnen zu entwickeln – die Rede ist von Toan Nguyen. Ob Filmstudios, Game-Publisher, Comic-Verlage, oder Streamer*innen – die Liste der potenziellen Kund*innen ist lang. Wir sprachen mit Toan über die ersten fünf Jahre von NERD und blickten dabei auf die unternehmerische als auch auf seine persönliche Entwicklung.

nextMedia: Moin Toan! Vor fünf Jahren hast du Jung von Matt NERD gegründet. Was geht dir durch den Kopf, wenn du das hörst?

Toan: Wenn ich jetzt rückblickend sehe, zu welcher Zeit, in welchem Marktumfeld und zu welchen Bedingungen ich gegründet habe, dann muss ich sagen: Ich bin eigentlich irre gewesen.

nextMedia: Das ist interessant. Was bewegt dich zu dieser Einschätzung?

Toan: Wir haben NERD gegründet und dann kam sofort Corona. Seitdem kam eine Krise nach der anderen. Zu dieser Zeit eine Agentur mit Schwerpunkt Nerdkultur aufzubauen ist schon etwas sehr Gewagtes. Aber ich hatte Bock genau das zu machen. Und weil ich so schockverliebt in die Idee war, habe ich es einfach gemacht.

Ich bin mit NERD zusammen erwachsener geworden. (...) Ich beobachte eine Entwicklung von einem Gründer, hin zu einem Unternehmer mit Verantwortung.

Toan Nguyen

nextMedia: Was hat sich für dich seitdem verändert?

Toan: Ich bin mit NERD zusammen erwachsener geworden. Ich sehe es so: Für mich sind die ersten fünf Jahre das Kindergartenalter – da darfst du viel experimentieren, ausprobieren und spielen. Du kannst alles machen, es gibt keine Noten. Aber jetzt befinden wir uns in einer Phase, in der andere Kriterien wichtiger werden. Anders ausgedrückt: Ich beobachte eine Entwicklung von einem Gründer, hin zu einem Unternehmer mit Verantwortung.

nextMedia: Wie geht diese Entwicklung mit der des Unternehmens einher? Geht es nun mehr um Skalierung, Output und einen Ausbau der Kundenbeziehungen?

Toan: Absolut. Das, was wir am Anfang gemacht haben, war von viel Neugierde, Spielfreude und einer großen Portion Naivität geprägt. Wir hatten viele Ideen, ein großes Spielfeld und haben mehr oder minder alles einmal ausprobiert. Am Ende des Tages ist eine Firma aber vor allem dann erfolgreich, wenn sie gewisse Dinge sehr, sehr gut kann, während sie andere Dinge beibehält. Für uns bedeutet das ein Zusammenspiel aus Exzellenz, gepaart mit kontinuierlicher Spielfreude und Innovationsdrang. Und das muss sich immer in der Waage halten.

nextMedia: Was sind die Herausforderungen, denen ihr in dieser Phase eurer Unternehmensentwicklung gegenübersteht?

Toan: Wenn du eine Firma gründest, ist alles neu. Wir haben Dinge umgesetzt, an die sich vorher niemand ran gewagt hat. Wir waren die erste deutsche Agentur, die einen AI-Case gemacht hat. Wir waren die Ersten, die für eine Brand eine Apple Vision Pro App entwickelt und die ein Krypto-Projekt umgesetzt haben. Wir haben ganz oft Dinge zum allerersten Mal gemacht – nicht nur in unserem Leben, sondern im Leben aller Leute. Das ist natürlich toll, aber auch sehr herausfordernd, weil du niemanden um Rat fragen kannst, sondern selber Lösungen entwickeln musst. Darauf bin ich enorm stolz. Aber du kannst nicht jeden Tag komplett neue Sachen machen. Da wirst du irre. Das ist viel zu viel Stress.

nextMedia: Was bedeutet das konkret für euch?

Toan: Du brauchst du einen Mechanismus, der die Learnings und Erfahrungswerte in Prozesse und Strukturen überführt. Auch die Themen Kund*innenbindung und -management werden relevanter. Das ist zum Beispiel etwas, was am Anfang überhaupt nicht wichtig war, da sind alle auf uns zugekommen. Auch heute haben wir noch einen hohen Inbound, aber wir möchten die Zusammenarbeit mit bestehenden Kund*innen intensivieren und langfristig ausbauen. Das ist die eine Seite. Die andere, interne Seite, berührt klassische HR-Themen, wie Mitarbeiter*innenförderung, -entwicklung und -gewinnung.

nextMedia: Ich verstehe, was du mit „erwachsen werden“ meintest…

Toan: Ja. Deswegen ist es für uns ganz entscheidend, dass wir eine gute Balance finden von Leistungen mit klaren Output und kreativen Testballons, die wir fliegen lassen. Entscheidend dafür ist, dass es überhaupt Kund*innen gibt, die mit uns in unbekanntes Territorium gehen. Die die normale Marketingwelt funktioniert doch so: Es gibt ein Problem, es gibt eine Aufgabe, wir entwickeln etwas, es entsteht eine Kampagne und das Problem wird gelöst. Wenn wir neues Territorium betreten, ist es so: Wir gehen auf eine Marke zu, wir präsentieren unsere Idee, wie die Marke eventuell sein kann. Wir wissen nicht zu 100%, ob es passt oder funktioniert und wir können nicht zu 100% sagen, welches Problem wir damit lösen werden. Aber komm let's try. Sowas macht Spaß, aber dafür muss die Bereitschaft vorhanden sein.

Wir sind davon überzeugt, dass alles im Leben mehr Spaß macht, besser funktioniert und erfolgreicher ist, wenn es gamifiziert ist.

Toan Nguyen

nextMedia: Zeichnet sich bereits ab, ob ihr mehr Aufträge aus Gaming- oder Entertainmentbranche erhaltet? Oder ist das gleich verteilt?

Toan: Also zu Beginn in der Gründungsphase hätte ich gesagt, es ist 30% Gaming und 70% Film. Star Wars, Marvel, Herr der Ringe – das sind alles Marken mit extremer Reichweite. Aber die Gaming-Branche ist stark gewachsen und inzwischen eine bedeutende Industrie, die eng mit der Film- sowie weiteren Branchen verwachsen ist. Mittlerweile würde ich Bilanz ziehen und sagen, eigentlich sind 75 % der Dinge, die wir machen, nah am Gaming – sei es für das Game eines Spieleentwicklers oder für eine Marke, die ein eigenes Game baut bzw. in einem stattfindet.

nextMedia: Wie erklärst du dir diese Entwicklung?

Toan: Gamification funktioniert. Wir sind davon überzeugt, dass alles im Leben mehr Spaß macht, besser funktioniert und erfolgreicher ist, wenn es gamifiziert ist. Denk an deine Sprachlern-App: Es macht mehr Spaß zu lernen, wenn du Quests und Achievements hast. Denk an deine Fitness-App, wo es darum geht Scores und Balken voll zu machen. Wir merken, dass Gaming eine hohe Motivation entfaltet. Und das geht auch intern: Wenn ich dir sage, du hast nächste Woche eine neue Mission, dann verändert das was. Wir sprechen intern auch nicht von einer Präsentation, sondern vom Bossfight (lacht). Insofern merken wir, dass Gaming eigentlich eine Philosophie ist, mit der man sogar eine Firma steuern kann.

nextMedia: Wie hat sich die Bedeutung des Standortes für euch verändert?

Toan: Total zum Positiven. Razer, einer der größten Hardware-Producer der Gaming-Branche in der Welt, hat seine Europazentrale hier in Hamburg. Viele kleine Videospielentwickler im Bereich Casual Gaming sind hier. Aber auch andere Nerdinstitutionen wie Warner Brothers sind hier. Die Polaris findet in Hamburg statt, einer der größten Fandom Conventions. Wir merken, dass Hamburg sich als das zweite starke Standbein in Deutschland herauskristallisiert – neben Köln. Wir fühlen uns hier sehr wohl, weil die Grundidee von Gaming und Nerdkultur communityzentriertes Marketing ist. Das heißt, die Rolle der Community spielt immer eine wichtige Rolle. Und hier Teil einer Gaming Community zu sein, ist einfach super.

Danke für das Gespräch!

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